Barbey
d'Aurevilly (1808-1889) analysierte das Phänomen des Dandytums
als Erster auf systematische Weise. Er gab denn auch jene Devise aus,
die der Unabhängigkeit des Dandys gerecht wird und universell gilt:
"Es ist nicht ein Anzug, der allein spazieren geht, im Gegenteil:
es ist eine bestimmte Art, ihn zu tragen, die das Dandytum bedingt."
Sprache, Wein, Garderobe: Nicht das Was, sondern das Wie ist
entscheidend.
(...)
Nun ja,
mit Wilde teile ich die Triefäugigkeit und den vorderen, leicht
knubbeligen Part der Nase. Der Rest, so hoffe ich stets, nähert
sich mehr der Stirn, dem Kinn, der Stelle zwischen den Augenbrauen von
Lord Byron (1788-1824), nach dessen Schlankheitskur, versteht sich.
Byrons eigenes Dandy-Ideal verewigte er in seinem Don Juan, einer Theatergestalt
freilich, denn Byron fand unter seinen Zeitgenossen keinen Charakter,
der sich als Held eines Epos und als dramatische Maske seines öffentlichen
Selbstbildes eignen würde: "Sein Wesen war so sehr verführerisch,
weil er nicht sehr bemüht schien zu verführen".
Affektkontrolle und Selbstmodellierung sind Byrons Don Juan allerdings
noch fremd. Seine Non-Chalance wirkt natürlich, was ihn vom Dandy
als Verfechter des Künstlichen und Stilisierten entfernt. Na ja,
er ist ja auch eine fiktive Figur. In der Wirklichkeit, diesem langweiligen
Tal der Tränensäcke, braucht es schon einen gewissen Aufwand,
um so zu scheinen, wie wir scheinen wollen. Das schwierige ist nur:
keiner darf es merken. Max Beerbohm (1872-1956) berief sich in dieser
Frage auf den großen Brummell: "Denn ist es nicht gerade
seine feine Verachtung von Accessoires, auf die wir das vornehmste Ziel
des modernen Dandytums zurückführen können, die Erzeugung
des höchsten Effekts durch die geringsten extravaganten Mittel?
[...] Er war stets aufs höchste sparsam, aufs peinlichste genau
in seinen Mitteln. Ihre Handhabung war das A und O für ihn."
Thomas
Kastura (Hg.): Dandys.
Texte von Puschkin, Wilde, Proust, Wolfe, Waugh u.v.a.
München: Goldmann Verlag 2001. 441 Seiten. 10 €
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