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David Benioff: 25 Stunden

Ein junger Drogendealer ist aufgeflogen. Er hat noch 25 Stunden in Freiheit. Dann muss er in den Knast. Monty Brogan nimmt Abschied: von seinen beiden besten Freunden, die nach der Highschool völlig andere Wege als er eingeschlagen haben; von seiner Geliebten, die er des Verrats verdächtigt; und von der Stadt New York, die vom 11. September noch nicht aus der Bahn geworfen wurde, als das Buch 2000 im Original erschien.

Liebe, Freundschaft, Schuld und Sühne. Unerfüllte Träume, Ängste, eine Ahnung von Glück. Das sind die großen Themen der Literatur. David Benioff greift sie in seinem Debüt auf: mitreißend und nachdenklich, bewegend und differenziert. New York spielt in diesem Großstadt-Tableau eine eigene Rolle, als Ort der Verführung, der Hybris, des Zynismus, aber auch der unbegrenzten Möglichkeit, der Treue und – seltsam genug – der Heimat.

Warum dieser grandiose, in den USA hochgelobte Roman hier zu Lande in einer Taschenbuchreihe unterzugehen drohte, wissen nur die Verleger. Wenn Spike Lee das Buch nicht erfolgreich verfilmt hätte (und die Geschichte nach 09/11 spielen lässt, mit Ground Zero als beklemmender Kulisse), würde es immer noch ein Schattendasein führen. Da es den Feuilletons bislang keine Zeile wert war, fragt man sich schon, ob Teile des Literaturbetriebs nicht längst schon am Leben wie an der Kunst vorbeizielen. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt, auch in "25 Stunden".

© Thomas Kastura




Die Rezension erschien unter dem Titel "Grandioses Großstadttableau" im Rheinischen Merkur vom 3.7.2003


David Benioff: 25 Stunden.
Aus dem Amerikan. von Frank Böhmert.
München: Heyne Verlag 2003. 222 Seiten. 7,95 €


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